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Die Schleiereule - Tyto alba

Königin der Nacht

Schleiereule - Peter Malzbender

Tyto alba, so der wissenschaftliche Name dieses attraktiven Vogels, ist die nächtlichste aller Eulen. Sie lebt heimlich und bleibt deshalb auch häufig unbeobachtet. Doch ihr Lebensstil und ihr Äußeres machen sie zu einem leicht bestimmbaren Vogel. Als Einzige Eule bewohnt sie alle fünf Erdteile. Man kann also mit Einschränkungen sagen, diese nächtliche Aktivistin ist ein Weltenbürger.

Obwohl Tyto alba gesetzlich geschützt ist, schrumpft ihr Bestand.

Die Modernisierung von Dorfgebäuden und Kirchen, der Wandel der Landwirtschaft, der Einsatz von giftigen Schädlingsbekämpfungsmitteln haben dieser Art sehr geschadet

Auch die Menschen haben Nachtgetier wie den Eulen schon immer Misstrauen und Argwohn entgegengebracht.

 

Der gespenstische Flug in finsterer Nacht, die geheimnisvollen, manchmal so schaurigen Rufe dieser nächtlichen Kobolde aber auch die Unvernunft und der Aberglaube der Menschen mögen dazu beigetragen haben, dass diese so wertvollen Helfer der Landwirtschaft sogar als Todesvögel apostrophiert wurden. Dank der Aufklärung durch Medien und Experten vor Ort ist dieses Vorurteil drastisch abgebaut worden.

Heute sind viele unserer Bauern wieder stolz auf ihr Schleiereulenpaar; sie öffnen wieder das „Uhlenloch“ in den Wirtschaftsgebäuden ihrer Höfe. Einige Landwirte arbeiten sogar mit den Naturschützern des Deutschen Bundes für Vogelschutz (jetzt NABU) eng zusammen.

Im Dinslakener Raum war es der bekannte Vogelschützer Erich Brandstätter, der viele positive Kontakte zur Bauernschaft knüpfte, so dass viele dieser Ackersmänner der Schleiereule eine neue Heimstatt schenkten.

Dieses gilt auch für Manfred Anklam, ein sehr aktiver Mitarbeiter, der sich für die stark bedrohte Eule im Hamminkelner Bereich einsetzt.

Im linksrheinischen Gebiet des Kreises Wesel begleitet Karl-Heinz Hartmann und Wilhelm Sperveslage mit seinen Mitarbeitern das Schleiereulenschutzprogramm.

Obwohl Tyto alba als Kulturfolger die Nähe des Menschen nicht meidet, ihre Tagesruheplätze sind meist ungestörte Schlupfwinkel in Gebäuden, die auch dem Brutgeschäft dienen, haben wir nur selten Gelegenheit, diese nachtaktiven Vögel zu beobachten. Wer jedoch das Glück hat, diesen Vogel zu beobachten, wird beeindruckt sein von der Schönheit dieser Nachtschwärmerin.

Der auffällige helle rostbraune Gesichtsschleier, nach dem sie auch ihren Namen hat, ist herzförmig ausgebildet. Der Eulenschnabel wird von diesem feinen Gefieder fast verdeckt. Die relativ kleinen Augen sind sehr dunkel. Das zarte Obergefieder ist rahmfarben bis ockergelb mit feinen aber auch gröberen Flecken. Brust und Bauch der Schleiereule sind weißlich bis gelbbraun mit tropfenförmigen dunkleren Flecken. Die auffallend langen, befiederten Ständer sind x-förmig ausgeprägt.

 

Schleiereule im Dachstuhl - Peter MalzbenderAls Bruthabitate bevorzugt die Schleiereule  Bauernhöfe, Scheunen und Ruinen. Besonders beliebt sind die versteckten Plätze in Kirchtürmen. Früher nistete in jeder Dorfkirche ein Schleiereulenpaar.

Es gibt aber auch ganz außergewöhnliche Niststätten dieser Vogelart. So berichtet Alexander Sprunt von einer Schleiereulenbrut im Turm des Smithsonian-Instituts-Gebäudes in Washington. Die 200 Gewölle, die er am Nest gesammelt hatte, enthielten 444 Säugerschädel – 225 Wiesenhüpfmäuse, 179 Hausmäuse, 20 Ratten und 20 Spitzmäuse. „Eine erstaunliche Sammlung für ein Eulenpaar im Herzen der amerikanischen Hauptstadt“.

Das Nahrungsgebiet dieser Nachtjäger ist die offene Feldflur, Wiesen, Parklandschaften und Dorfränder. Die langen Flügel und der lautlos-gleitende Flug dieser Vögel eignen sich hervorragend für die Jagd in diesen Lebensräumen.

Es ist schon bemerkenswert, dass die nächtlichen Pirschflüge auf stark festgelegten Jagdrouten erfolgen.

Um aber erfolgreich Beute  - Kleinnager wie Feldmäuse, Haus- und Waldmäuse, Spitzmäuse und Wanderratten – zu greifen, ist der lautlose Flug der Schleiereule Bedingung.

Diese Geräuschlosigkeit wird erreicht durch ein arteigenes Samtpolster, welches auf der Oberseite der Schwingen liegt und so die Reibung der Federn untereinander nicht hörbar macht. Ebenso ist die Außenkante der ersten, manchmal auch der zweiten Handschwinge, eigentümlich gekämmt. Diese feine Zähnelung mit der Gesamtstruktur des Federkleides wirkt schalldämpfend auf die Fluggeräusche.

 

Schleiereule - Peter MalzbenderBei allen Eulen sind die Augen frontal und fest im Kopf verankert. Ebenso wie bei uns Menschen ist ihr binokulares Sehfeld erheblich ausgeweitet. Trotzdem sind uns die Eulen bei der Rundumsicht weit überlegen. Durch die einzigartige Beweglichkeit des Halses – Eulen können ihren Kopf um fast 270° wenden – haben sie einen schnellen Rundumblick.

Eines der wichtigsten Merkmale der Eulen ist das Orten der Beute. Tyto alba ist mit einem außerordentlichen Gehör ausgestattet. Das Schleiergesicht scheint dabei wie ein Horchtrichter zu wirken.

So haben Wissenschaftler durch Einzelmessungen herausgefunden, dass die Schleiereule ihren Kopf zielsicher auf eine Geräuschquelle einstellt. Die Zielgenauigkeit älterer Eulen war nicht besser als die der ausgewachsenen Jungvögel.

 

Asymmetrisches Gehör ist entscheidend für Jagderfolg

Ebenso wichtig ist das Herausfiltern der Bewegungsgeräusche des Beutetieres im Rauschen der Umwelt.

Die beiden Gehörgänge der Schleiereule sind asymmetrisch angeordnet. So ist die Hörqualität des rechten Ohres nach rechts oben am besten, dagegen beim linken Ohr nach links unten. Die sich hieraus ergebenden Laut- und Zeitunterschiede berechnet das Eulengehirn so genau, dass sie exakt die Beute mit ihren Fängen trifft. Den größten Anteil dieser Treffer landet sie bei Feldmäusen. Diese kleinen Nager können sich unheimlich rasch vermehren. Bis zu siebenmal im Jahr kann das Weibchen 5 bis 10 Junge werfen. Nach drei bis vier Wochen sind diese wiederum selbständig und fortpflanzungsfähig. Diese Vermehrung kann in günstigen Jahren mit milden Wintern 10 bis 12 Monate andauern. So kommt es dann alle drei bis fünf Jahre zur sogenannten Feldmausgradation (Massenvermehrung). Jetzt können weder Eulen noch Turmfalken oder Mäusebussarde diese Entwicklung stoppen. Auch der Fuchs, das Hermelin und Mauswiesel sind machtlos. Zu schnell erfolgt der Zuwachs der Kleinnager. Doch diese explosionsartige Fortpflanzung hat plötzlich ein Ende. Der ganze Feldmausbestand bricht zusammen. Was ist passiert?

Peter Mannes sagt es treffend: „Die hohe Individuendichte selbst ist das auslösende Regulationselement, das über einen Faktorenkomplex, an dem Nahrungsverknappung, Stress und Seuchen beteiligt sind, den Zusammenbruch des Bestandes synchronisieret“.

Diese Bestandsvermehrung bzw. –verminderung der Beutetiere hat einen großen Einfluss auf den Bestand der Beutegreifer. Das Brutverhalten der Schleiereule beweist diese Tatsache eindeutig. In Jahren mit vielen Mäusen sind meist auch die Schleiereulengelege sehr stark. Bis zu zwölf Eier produziert dann das gut gesättigte Weibchen. Oft ist sogar ein zweites Gelege zu verzeichnen.

In normalen Mäusejahren bebrütet das Weibchen nur einmal vier bis sechs Eier. Ist die Feldmauspopulation aber zusammengebrochen, vermindert sich auch bei den Schleiereulen der Bestand. Wenn es dann überhaupt noch zu einer Eulenbrut kommt, überleben nur die ältesten Jungeulen. Die zuletzt geschlüpften Eulen sterben wegen Nahrungsmangel.

Diese Regulationsmechanismen belegen eindeutig, dass das Gleichgewicht in der Natur nur von unten nach oben funktioniert.

Was den Biologen und Ökologen schon lange bewusst ist, sollte spätestens hier den „Naturkorrektoren“ zu denken geben.

Anfang März, wenn die Temperaturen den Frühling anzeigen, beginnt die Balzzeit der Schleiereulen. Jetzt kann man in mondhellen Nächten die Balzflüge beobachten. Sie umkreisen ihren Brutplatz, jagen einander und dabei lasse sie ihre markerschütternden Rufe hören.

Diese Balzperiode kann einige Wochen anhalten, ehe die Schleiereule zur Brut schreitet.

Eulen bauen keine Nester; sie legen ihre Eier einfach auf dem Boden der Niststätten ab. Das Gelege wird nur vom Weibchen etwa 30 bis 40 Tage bebrütet.

Im Gegensatz zu vielen anderen Vögeln beginnt die Brutperiode schon vom ersten Ei an. Folglich schlüpfen auch die Jungen unregelmäßig.

So kommt es zu unterschiedlichen Größen bei den Eulengeschwistern. Frisch geschlüpfte Schleiereulen wiegen etwa 14 Gramm und sind spärlich bedunt. Erst nach zwölf Tagen wechseln sie ihr hellgraues Dunenkleid gegen ein zweites von überwiegend weißer oder auch grauer Farbe. Jetzt hört man auch das sogenannte „Bettelschnarchen“ der Jungeulen. Diese nicht gerade attraktiven Laute sind auch von den Altvögeln zu vernehmen. Früher wurden sie deshalb auch Schnarcheulen genannt.

 

Nach 35 Tagen haben die Jungvögel  schon ein Gewicht von 350 bis 370 g erreicht. Jetzt schaffen sie es auch selbst, die Beutetiere aufzuteilen und zu verzehren. Auch kommt es vor, dass das älteste gesättigte Junge Beute an seine jüngeren Geschwister verteilt. Im Alter von 60 Tagen sind die Nestlinge flugfähig. Ihr Brutgebiet verlassen sie 12 bis 14 Wochen nach ihrem Schlüpfen. Es ist anzunehmen, dass die Jungvögel ihre Heimat nicht ganz freiwillig aufgeben. Doch die alten Schleiereulen, denen man eine starke Bindung zu ihrem Brutbiotop nachsagt, dulden keine Artgenossen in ihrem Revier.

Durch Beringung hat man festgestellt, dass diese Jungeulen weit umherwandern, ehe sie eine neue Heimstätte gefunden haben.

 

Gefahr durch strenge Winter

Die Sterblichkeit dieser unerfahrenen umherziehenden Eulen ist sehr groß. Doch die größte Gefahr dürfte für sie ein harter, schneereicher Winter sein. Bei anhaltenden Schneelagen von 7 cm und höher wird es für sie sehr kritisch.

Weil die Schleiereule nicht in der Lage ist, körperliche Fettdepots anzulegen, können sie eine nahrungsknappe Zeit nicht lange überleben.

Nach dem überaus strengen Winter 1962/63 brach in Baden-Württemberg die ganze Schleiereulenpopulation zusammen. Nach dem Ende dieses Polarwinters konnte man trotz intensiver Kontrollen nur noch zwei Brutpaare registrieren.

Es dauerte gut zwanzig Jahre, ehe sich der Brutbestand 1984 wieder auf etwa 300 Paare einpendelte. In solch harten Wintern haben wir aber die Möglichkeit, den Eulen ein wenig zu helfen.

  1. Man soll ihnen Einschlupfmöglichkeiten in Gehöften, Scheunen, Getreidekammern, Dachkammern und Fruchtböden gewähren. Eine Handvoll Getreide und Spreu auf der Tenne ausgebracht, lockt auch die Mäuse aus ihren Verstecken hervor. So haben die Schleiereulen eine kleine Chance diese für sie so karge Zeit zu überleben.
  2. Ebenso sollte man auf Feldmausüberwinterungsplätzen wie Brachflächen, Feldrainen, an Hecken und auf Wiesen einige Quadratmeter Schnee entfernen und dort ebenfalls etwas Stroh, Getreidekörner und Spreu ausbringen. Auch an Dorfrändern und in Gärten können geeignet Nahrungsplätze eingerichtet werden.

Neben der Schleiereule kann hier auch die Waldohreule und der Steinkauz die so angelockten Mäuse leicht erbeuten.

Die Gesamtheit des Schleiereulen-Schutzprogramms umfasst auch das Bauen von Niststätten in Kirchtürmen, Gehöften sowie Einzelhäusern an Stadt- und Dorfrändern.

Alle Naturfreunde, die den Eulen helfen möchten, bitten wir, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

 

Ein Beitrag von Paul Laakmann aus Buntspecht 4/1988

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